“Die Herausforderungen sind groß”

Unser Stadtverbandsvorsitzender Philipp Kollmeier im Interview mit der Neuen Westfälischen über die wichtigsten politischen Aufgaben und seine Ziele für unsere Partei. Das Gespräch führte Katharina Eisele.

Was bewegt einen jungen Menschen dazu, mit 26 Jahren schon so viel politische Verantwortung zu übernehmen?

Weil mir die Stadt etwas wert ist und am Herzen liegt. Es klingt nach Gesülze, ist aber so. Die SPD hat gute Ansätze, um die Stadt nach vorne zu bringen. Mir ist daran gelegen, dass sich Bünde gut entwickelt. Bei der letzten Wahl war ich intensiv am Wahlkampf beteiligt. Den Vorsitz zu übernehmen, ist nicht lange geplant gewesen. Aber: Wer etwas erreichen möchte, muss auch Verantwortung übernehmen. Als der Anruf kam, ob ich mir das vorstellen könnte, habe ich gleich gesagt: Ja, das traue ich mir zu. Aber – ich muss es nicht unbedingt machen. Mein Wort kann ich bei der SPD immer einbringen, es ist nicht an das Amt gekoppelt. Die Herausforderungen sind groß, meine Motivation ist es aber auch.

Welches Ziel haben Sie sich als Stadtverbandsvorsitzender persönlich gesetzt?

Wir wollen die SPD so auf Kurs bringen, dass wir personell und strukturell unsere Ziele erreichen können. Persönlich ist mir wichtig, dass wir politischen Nachwuchs gewinnen. Ich sehe eine große Gefahr darin, wenn wir nicht genug Leute für die Parteien begeistern können. Als junger Vorsitzender ist es für mich vielleicht leichter, als für einen 60-Jährigen, junge Menschen anzusprechen. Die anderen Parteien stehen vor demselben Problem. Wir brauchen außerdem kein Kirchturmdenken. Wir sind eine Stadt – wenn auch mit mehreren Stadtteilen.

“Ein weiterer Wunsch wäre, dass wir es schaffen, die AfD aus dem Stadtrat zu bekommen. Eine Partei, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, hat in einem Parlament nichts zu suchen.”

Apropos eine Stadt: Wie zukunftsfähig sind die Ortsvereine?

Das ist eine der Vorhaben, die sich der Vorstand jetzt vornehmen möchte. Wir möchten die Partei so aufstellen, alle Kräfte bestmöglich bündeln, dass wir die nächste Wahl gewinnen und das Bürgermeisterinnenamt verteidigen. Es gibt konkrete Überlegungen für einen großen Ortsverein. Die Mitglieder wurden jetzt eingeladen, darüber zu diskutieren.

Was ist das wichtigste politische Thema für die kommenden Jahre?

Wir leben in Zeiten, in denen unsere Bürgermeisterin eine Krisenmanagerin ist. Sie wird tagtäglich mit neuen Herausforderungen konfrontiert, sei es Corona oder wie und wo Geflüchtete untergebracht werden können. Auch die kommunalen Haushalte sind derzeit im Krisenmodus. Dass Bünde in den letzten Jahren gut dastand, geht auch auf eine Idee der SPD zurück. Wir haben ein freiwilliges Haushaltssicherungskonzept gefordert, damit wir nicht in die gesetzliche Haushaltssicherung kommen. Bünde muss weiterhin finanziell handlungsfähig sein, sonst lässt sich keine gute Idee umsetzen.

Und was ist das meist unterschätzte Thema?

Bei der Landtagswahl im Mai lag die Wahlbeteiligung mit nur gut 55% auf einem historischen Tief. Das geht mir gegen den Strich. Da müssen wir uns kritisch hinterfragen: Sind auch wir daran schuld? Wir müssen es schaffen, mehr Menschen für die Politik und –im besten Fall- für eine Mitarbeit zu begeistern. Ein weiterer Wunsch wäre, dass wir es schaffen, die AfD aus dem Stadtrat zu bekommen. Eine Partei, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, hat in einem Parlament nichts zu suchen.

Wie zufrieden sind Sie denn – abseits des eigenen Mandats – mit der Arbeit der Fraktion?

Was wir im Wahlprogramm fordern, ist grundsätzlich angelegt für die gesamte Wahlperiode. Wir können kein Geld ausgeben, das wir nicht haben. Aber viele Punkte haben wir bereits umgesetzt oder auf den Weg gebracht. Zum Beispiel eine Erhöhung der Attraktivität der Innenstadt, durch mehr Spielgeräte. Auch die tristen Stromkästen werden bald der Vergangenheit angehören. Das war begleitend zum Förderprogramm der Verwaltung, mit dem neue Läden in die Stadt gekommen sind. Wir haben den Mängelmelder eingeführt, den wir versprochen haben. Maßgeblich die CDU hat Ende 2020 die Stelle des Technischen Beigeordneten abgeschafft. Wir brauchen aber eine Technische Beigeordnete, um bestimmte Projekte umzusetzen. Die Stelle haben wir jetzt duch Frau Brückner wieder mit viel Erfahrung besetzt. Aktuell bringen wir den Stein ins Rollen, um den Tabakspeicher für die Bürger zu öffnen. Der Tabakspeicher ist ein Leuchtturmgebäude mit unfassbar viel Potential. Wir sind auf einem guten Weg.

Für das Bahnhofsumfeld haben Sie größere Pläne

Man muss ehrlich sagen, dass die Gestaltung des Umfelds beim letzten Bürgermeister nicht ganz oben auf der Agenda standen. Ja, der Bahnhof wurde gekauft – der Rest wurde erstmal vernachlässigt. Jetzt muss man gucken, wie man es gestaltet. Mir wäre eine Verkehrsberuhigung wichtig, wo alle Verkehrsteilnehmer berücksichtigt werden. Man könnte vor dem Bahnhof einen Ort mit Platzcharakter schaffen, mit Bänken, viel Grün und Infotafeln, zum Beispiel über Veranstaltungen in der Stadt. Dort dürften dann nur noch Taxis halten. Der Tabakspeicher muss belebt werden, zum Beispiel mit Gastronomie oder Veranstaltungsräumen. Dann kann zwischen Universum und Tabakspeicher ein neues, urbanes Viertel für Kultur, Gastronomie und Veranstaltungen entstehen. Das wäre mein Traum. Wir haben viel vor.

Foto: Katharina Eisele